Papier ist allgegenwärtig. Als Schreibblock und Heft in der Schule oder als Druckerpapier im Büro – auf diese Weise nutzt du jedes Jahr (zumindest statistisch gesehen) mehrere Kilogramm. Werden papierbasierte Verpackungen noch mit dazugerechnet, kommen wir schnell auf mehr als 220 kg pro Kopf – davon sind mehr als 90 kg Papierverpackungen. Das sind Zahlen, die unter anderem vom WWF kommen.
Nachdenklich macht in diesem Zusammenhang, dass die Umweltorganisation allein für 2006 den Verbrauch von Material für Papier in der Größenordnung von 2,6 Millionen m3 aus illegalen Quellen beziffert. Wie nachhaltig kann angesichts dieser Tatsache Papier eigentlich sein? Wir schauen uns das genauer an und zeigen dir die wichtigsten Zusammenhänge.
Nachhaltigkeit – Welche allgemeinen Kriterien gelten?
Der Begriff Nachhaltigkeit ist heute in aller Munde: Elektronikhersteller wollen nachhaltig sein, es wird nachhaltig gebaut und auch bei Verpackungen wird dieser Aspekt zunehmend wichtig. Dabei weißt du gar nicht so genau, welche Maßnahmen Akteure ergreifen, um wirklich nachhaltig zu sein und wie jeder einzelne von ihnen Nachhaltigkeit überhaupt definiert.
Meistens bekommst du nur zu hören, es hat irgendwas mit der Umwelt und dem Klima zu tun. Nachhaltigkeit bedeutet jedoch, dass Produkte und Dienstleistungen Ressourcen einsetzen, ohne diese zu verbrauchen. Das BMZ beschreibt den Begriff als Befriedigung gegenwärtiger Bedürfnisse ohne Einschränkung zukünftiger Bedürfnisse.
Betrachten lässt sich Nachhaltigkeit als:
- wirtschaftlich effizient
- sozial gerecht
- ökologisch tragfähig.
Über ein Dreieck aufgetragen, ist die Bewertung eines Produkts im Sinne der Nachhaltigkeit einfach. Wie passt Papier hier hinein?
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Effizienz: Kosten und Nutzen müssen im Verhältnis stehen
Wirtschaftlich effizient kann Papier sein, wenn es den angestrebten Zweck zu einem vertretbaren Preis erfüllt. Eine Verpackung, die dich mehr als der Inhalt kostet, ist in der Bewältigung ihrer Aufgabe effizient – aber eben nicht wirtschaftlich. Verpackungen aus Papier dürfen nur einen Bruchteil des „Zwecks“ kosten, dem sie dienen sollen.
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Soziale Gerechtigkeit: Menschenwürdige Bedingungen im Produktionsprozess
Rohstoffgewinnung, Verarbeitung, Nutzung und Recycling oder Entsorgung sind elementare Kreisläufe. Um nachhaltig zu sein, darf keiner dieser Prozesse die Lebens- und Arbeitsgrundlage von Menschen beeinträchtigen. Hier muss der Fokus unterschiedlich stark skalierbar sein.
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Umweltgedanke: Nachhaltigkeit als oberstes Ziel
Viele Ressourcen kommen direkt aus der Natur oder beeinflussen diese durch ihre Gewinnung und Verarbeitung. Hierin steckt ein Kerngedanke des Nachhaltigkeitsbegriffs, der immer mehr im Vordergrund steht. Rohstoffe haben automatisch einen Malus, wenn sie sich durch ihre Nutzung unwiederbringlich verbrauchen. Bestes Beispiel ist Erdöl. Jedes Barrel, das heute verbraucht wird, steht kommenden Generationen nicht mehr zur Verfügung.
Besonders die dritte Eigenschaft berührt verschiedene Elemente. Auf der einen Seite geht es um den eigentlichen Rohstoff. Andererseits stellt sich die Frage, wie im Rahmen von Gewinnung, Verarbeitung und Vertrieb Ressourcen verbraucht werden.
Für Papier geht es hier um Wasser, welches beispielsweise im Prozess des Herauslösens der Faser aus Holz benutzt wird. Durch Chemikalien oder andere Verunreinigungen kann es nicht einfach in die Natur zurückgeführt werden.
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, welchen Einfluss die Logistik auf der Schiene und Straße für Nachhaltigkeit hat. Von 21.353.000 Tonnen Papier im Jahr 2020 sind nach Angaben des Umweltbundesamtes mehr als 13 Millionen Tonnen exportiert worden.
Wie wird Papier hergestellt?
Industriell wird Papier heute nicht mehr von Hand mit Sieben geschöpft, sondern maschinell in großen Anlagen.
Grundvoraussetzung ist immer, dass Fabriken beziehungsweise Papierhersteller über einen entsprechenden Fasergrundstoff verfügen. Hierfür gibt es in der Praxis sehr unterschiedliche Quellen.
Die einzelnen Schritte sehen folgendermaßen aus:
- Auslösen der Faser: Erster Schritt ist das Lösen der Fasern aus zum Beispiel Holz. Aber auch andere Zellulosequellen kommen in der Papierherstellung zum Einsatz. Dazu wird Holz gemahlen und anschließend mit speziellen Chemikalien versetzt.
- Der Faserbrei: Anschließend bildet sich ein Faserbrei, der über ein Sieb wandert und dabei eine Faserlage bildet. Entsprechend der gewünschten Qualität kann der Papiermacher Struktur und Oberfläche mit verschiedenen Hilfsmitteln (wie unterschiedlichen Sieben) beeinflussen.
- Trocknung: Die noch feuchten Papierbahnen werden über ein System aus Walzen geführt. Damit kann Wasser einerseits ausgepresst werden. Beheizbare Walzen sorgen auf der anderen Seite dafür, dass die Restfeuchte aus der Papierbahn abtrocknet.
- Glätten der Papierbahn: Um in der Praxis unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen, muss Papier geglättet werden. Dieser Schritt passiert in einem speziellen Glättwerk.
- Veredelung der Oberfläche: Für die unterschiedlichen Einsatzzwecke kann Papier veredelt werden. Es lassen sich beispielsweise Beschichtungen auftragen, um wasserfestes Papier für Verpackungen herzustellen oder eine Papierbahn wird mithilfe spezieller Aufträge zu Fotopapier.
Papier ist nicht gleich Papier
Wie nachhaltig Papier in der Praxis ist, richtet sich nach seiner Art. Aufgrund der praktischen Anwendungen haben sich unterschiedliche Varianten entwickelt, unter anderem:
- Verpackungen (Papier und Kartonagen)
- grafische Papiere
- Hygienepapier
Im Recycling spielen alte Verpackungen und grafische Papiere eine Rolle. Bestandteile wie Druckerfarbe werden in technischen Verfahren aus dem Papier entfernt und es kann aufbereitet werden. Laut vom bvse, einem Fachverband für Papierrecycling im Jahr 2017 veröffentlichten Werten, kommen grafische Papiere auf eine Verwertungsquote von 83 Prozent, was sogar über dem Durchschnitt liegt.
Aber: Nicht jedes Papier ist recyclingfähig. Gerade Hygienepapiere sind über den Hausmüll zu entsorgen, da sie nicht wiederverwertet werden. Gleiches gilt für Spezialpapier – etwa für den Einsatz in Thermodruckern. Aufgrund der Spezialbeschichtung darf dieses Papier nicht einfach in den Kreislauf eingeführt werden. Hierdurch wird natürlich der Nachhaltigkeitsfaktor negativ beeinflusst.
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Wie schneidet Papier in Sachen Nachhaltigkeit ab?
Papier ist ein nachhaltiges Alltagsprodukt - zumindest im Vergleich mit vielen anderen Produkten, die im Alltag Verwendung finden. Für diese Einschätzung sprechen mehrere Faktoren, ganz besonders aber die sehr hohe Recyclingquote. Allerdings bedarf es für die Gesamtbewertung immer auch einem kritischen Blickwinkel:
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Nutzung der Ressourcen: Altpapier als große Quelle
Knapp 80 Prozent des Papierverbrauchs in Deutschland wird statistisch gesehen mit Altpapier gedeckt. Sprich, für die Produktion braucht es nur einen kleinen Einsatz an Frischfasern. Der Löwenanteil des Papierbedarfs kann durch die Aufarbeitung von Kartonagen und Grafikpapier gedeckt werden.
Nur eben nicht komplett: Kreislaufverluste entstehen beim Papier unter anderem durch eine Verarbeitung zu wasserfestem Papier oder Thermopapier. Auch Hygieneprodukte lassen sich nur eingeschränkt in den Kreislauf zurückführen.
Um den Nachhaltigkeitsaspekt zu verbessern, ist der Einsatz von Schwach- oder Durchforstungsholz bzw. Holzabfällen ein möglicher Ansatz. Zulasten der Nachhaltigkeit geht die Verwendung von Wertholz und Holz aus illegalen Quellen.
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Energiemix entscheidet über Nachhaltigkeit: Erneuerbare Energien als Schlüssel
Wie die Bilanz beim Papier ausfällt, ist auch eine Frage der Energieressourcennutzung. Der Strommix in Deutschland basiert laut Statistischem Bundesamt zu 41 Prozent auf erneuerbaren Energieträgern, der Rest auf konventionellen.
Je höher der Anteil regenerativer Energiequellen in der Herstellung und im Recycling ist, desto nachhaltiger ist der Prozess. Hier geht es nicht allein um Strom oder Heizenergie. Im Papierkreislauf spielen ebenso Transportwege eine Rolle. Liegt hier der Fokus auf dem Straßenverkehr, müssen fossile Brennstoffe berücksichtigt werden. Wird stattdessen eher der Schienenweg genutzt, fällt der Stromverbrauch ins Gewicht. In diesem Zusammenhang wird deutlich, wie schwierig eine umfassende Bewertung der Nachhaltigkeit von Papier letztlich ist. -
Chemikalien als Nachhaltigkeitsfaktor: Je weniger, desto besser
Für die Herstellung von Papier spielen Chemikalien von der ersten Minute an eine Rolle – ein Aspekt, der sich auf die Nachhaltigkeit im Papierkreislauf auswirkt. Chemikalien zum Lösen der Fasern aus dem Holz verbleiben oft im Prozesswasser.
Gerade Chemikalien und Zusatzstoffe für bestimmte Aufgaben so wie Kleber und Druckfarben können auf der anderen Seite die Wiederverwendbarkeit negativ beeinflussen. Einerseits kann es zu einer Anreicherung im Papier kommen. Auf der anderen Seite wird Papier für Recycling unbrauchbar.
Zwar verbessern perfluorierte Alkylsubstanzen – kurz PFAS – die Eigenschaften in einer Weise, dass Papier als Lebensmittelverpackung eingesetzt werden kann, doch sind diese Verbindungen gesundheitsschädigend, umweltschädlich und außerdem so beständig, dass sie zu Problemen im Recycling führen. Aber auch die Verwendung in bestimmten Bereichen wie der Gastronomie kann aufgrund des Einsatzes von Fetten einen nachteiligen Effekt auf die Nachhaltigkeit von Papier haben.
Wie könnte Papier in Zukunft noch nachhaltiger werden?
Ein moderner Ansatz ist die Materialforschung. Wie lassen sich Fasereigenschaften in Zukunft nutzen, um nicht nur sauberes Papier herzustellen, sondern auch den Einsatz von Chemikalien und Energie zu reduzieren?
Hier ist auf jeden Fall Grundlagenforschung gefragt. Außerdem braucht es High-Tech. Moderne Papierfabriken werden nicht nur hochtechnisiert, auf lange Sicht wird auch Künstliche Intelligenz ihre Rolle in der Papierherstellung übernehmen. Intelligente Steuerungen erreichen einen geringen Ressourcen- und Energieverbrauch, da sie gezielt selbst kleine Abweichungen aussteuern können.
Fazit: Papier – bei Nachhaltigkeit innovativ
Nachhaltigkeit spielt auch in der Herstellung von Papier eine bedeutende Rolle. Der große Vorteil: Es besteht aus einem nachwachsenden Rohstoff. Dadurch alleine kann die Nachhaltigkeit des Papiers jedoch noch nicht garantiert werden. Es braucht immer noch Entwicklungsarbeit, um den Nachhaltigkeitsfaktor zu steigern.
Bisher ist gerade beim Recycling die Quote sehr hoch. Altpapier deckt schon einen erheblichen Anteil des Bedarfs. Die Papierhersteller wollen aber noch deutlich weitergehen – mit einer effizienten Rohstoffnutzung, einem cleveren Energiemanagement und der Optimierung im Bereich verwendeter Chemikalien. Wir bleiben für dich am Ball und informieren dich regelmäßig über Innovation in der Papierindustrie.