Einfach ein Haus aus Pappe bauen und dieses nach Bedarf vergrößern – Pappe lässt sich flexibel verarbeiten, das Material ist leicht und vor allem nachhaltig. Was auf den ersten Blick unmöglich erscheint, ist längst Realität: Fiction Factory, ein niederländisches Unternehmen, hat den Beweis angetreten, wie hervorragend sich Wellpappe als Baumaterial eignet – hier die spannenden Informationen für dich zusammengefasst.

Das Wikkelhouse – Fertighäuser aus Wellpappe

Fertighäusern haftet ein gewisser Makel an: Zu wenig Individualismus, eingeschränkte Möglichkeiten und eigene Vorstellungen können nicht ausgelebt werden – die Vorbehalte gegenüber klassisch gemauerten Gebäuden sind vielfältig. Dabei gibt es längst attraktive Lösungen, die sich im Fertigbau umsetzen lassen. Nicht zuletzt dürfte das Wikkelhouse (nachhaltiges Wohnen auf günstige Art) hier für ein Umdenken sorgen – und die äußeren Umstände befeuern diesen Trend.

Bei einem Wikkelhouse handelt es sich um ein Tiny House aus Pappe. Erfunden wurde es von einem niederländlichen Unternehmen. Der Name des Hauses wiederum kommt vom niederländischen Begriff „wikkelen“, der auf Deutsch „wickeln“ bedeutet. Dieser beschreibt die Konstruktion des Hauses: Pappe wird um eine formgebende Konstruktion gewickelt.

Die finanziellen Belastungen durch Miete und Nebenkosten steigen einerseits, andererseits wird ein Zuhause nach wie vor häufig als Arbeitsplatz genutzt. Die Ansprüche an die eigenen vier Wände haben sich also verändert, kostengünstige und vor allem flexible Möglichkeiten, sich ein angenehmes Wohn- und Arbeitsumfeld zu schaffen, sind gefragt wie nie.

Und in dieser Frage haben Fertighäuser im Vergleich zu den gemauerten Alternativen eindeutig die Nase vorn: Die Bauzeit verkürzt sich nicht nur erheblich, auch der Preis ist günstiger und vor allem fix. Darüber hinaus ist das Thema Nachhaltigkeit nicht zu unterschätzen, denn der die Öko-Bilanz besonders belastende Zement wird kaum verbaut.

Bevorzugtes Baumaterial ist bislang Holz als nachwachsender Rohstoff – und nun kommt noch die im Verpackungsbereich beliebte und vielseitig einsetzbare Wellpappe hinzu.

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Bei Wellpappe handelt es sich um ein aus Papier hergestelltes Zellstoffprodukt, für das wenigstens je eine gewellte und eine glatte Papierbahn verklebt werden. Je nach Bedarf kann Wellpappe aus neun derartigen Schichten bestehen. Ausschlaggebend sind die gewellten Schichten, denn daraus bezieht das vergleichsweise leichte Papier die enorme Festigkeit.


Aufbau und Herstellung eines Fertighauses aus Wellpappe

Beim Wikkelhouse dominieren Holz und Pappe, die als Trägermaterialien fungieren – und damit das ganze Gebäude biologisch abbaubar machen.

Da stellt sich logischerweise die Frage, ob denn ein solches Haus überhaupt stabil genug ist, um zuverlässig vor Kälte, Nässe und Wind zu schützen. Doch die Antwort der Entwickler ist ganz klar: auf jeden Fall – und das für wenigstens 100 Jahre!

Das Geheimnis liegt demnach im Wikkelen – nämlich einwickeln: 24 aus skandinavischem Gehölz hergestellte Pappschichten werden mit einem natürlichen Klebstoff zusammengefügt, sodass eine robuste und isolierende Sandwich-Struktur entsteht.

Diese Konstruktion wird abschließend mit Holz verkleidet – und zwar sowohl innen als auch außen.

Was ist aber mit Feuchtigkeit? Wenn Wellpappe nass wird, ist es vorbei mit der Stabilität. Genau das war die große Herausforderung, die die Entwickler zu meistern hatten. Was nützt schließlich ein Haus, dass beim nächsten starken Regen in sich zusammensackt? Die Lösung: Miotex, eine atmungsaktive und doch wasserabweisende Membran.

Sie wird auf die Außenhülle aufgetragen, um das Haus für Jahrzehnte zu schützen. Diese Membran muss nämlich nur in einem Abstand von 30 Jahren wieder erneuert werden. Damit kann diese Lösung mit dem üblichen Hausputz mithalten, der laut dem Industrieverband WerkMörtel (IWM) im Durchschnitt 30 Jahre seine Aufgaben erfüllt.

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Für die Herstellung, die in den Niederlanden realisiert wird, musst du rund zehn Monate einplanen. Dann geht es jedoch schnell: Sobald das Grundgerüst fertig ist, lässt sich das Haus im Handumdrehen montieren. In der Regel reicht ein Tag, um ein Wikkelhouse in Form von vorgefertigten Modulen vollständig zu errichten.


Fiction Factory – wer steckt hinter dieser revolutionären Idee?

Fiction Factory ist das Unternehmen, welches die Häuser aus Wellpappe baut. Ein Blick in die Unternehmensgeschichte von Fiction Factory erklärt, wieso der Fokus genau auf Wellpappe liegt: Vor mehr als 30 Jahren startete die Firma nämlich als Atelier mit dem Bau von Bühnenbildern – und die bestehen nun einmal traditionell aus Holz, Papier, Pappe und inzwischen auch schwer entflammbaren Kunststoffen.

Die Erfahrungen sind offenkundig in diese Bauweise eingeflossen – gleichzeitig bringt das für Bauherren einige Vorteile mit sich: Ein Fundament ist beispielsweise nicht notwendig, das Wikkelhouse kann damit unkompliziert an den unterschiedlichsten Orten aufgestellt werden. Da können nicht einmal die etablierten Fertighäuser mithalten! Außerdem ist das Wikkelhouse ausgesprochen leicht, denn jedes Modul bringt gerade einmal 600 kg auf die Waage.

Affe

Der Erfinder,  Oep Schilling, stellte bereits im Jahr 2015 den Prototypen des heutigen Papphauses fertig, im Folgejahr veröffentlichte er dazu ein Werbevideo – und die Erfolgsgeschichte begann.

Seither wurden die Entwicklungen mit Nominierungen für mehrere Preise belohnt, denn ein besonderer Punkt sticht immer wieder heraus: Pappe wird als Material noch immer unterschätzt.

Dabei kann kein Material diese Kombination aus Leichtigkeit und Stabilität aufweisen und gleichzeitig so gut isolieren. Wir verbinden den Gedanken an Pappe allenfalls mit Verpackungen und müssen uns erst daran gewöhnen, dass dieses Material sich offenbar hervorragend zum Bauen eignet.

Preise für ein Haus aus Pappe

Natürlich spielt die konkrete Konfiguration der Segmente eines Hauses die Hauptrolle, wenn es um die Kalkulation der Preise geht – schließlich funktioniert das Wikkelhouse als modulares Konzept. Insgesamt lässt sich dennoch festhalten, dass die Preise deutlich unter denen für andere Fertighäuser angesiedelt sind.

Für ein Wikkelhouse mit drei Segmenten sind demnach 40.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer sowie Transport- und Installationskosten einzuplanen. Im Schnitt bewegen sich die bisher aufgestellten Papphäuser in einem Bereich zwischen 50.000 und 85.000 Euro, wobei die erwähnten Steuern und Kosten noch dazugerechnet werden müssen. Der konkrete Preis wird davon beeinflusst, wie umfangreich das Haus final ausgestattet und wie hoch die Anzahl der Module ist.

Stil und Design der Häuser aus Wellpappe

Das Besondere eines Wikkelhouses liegt jedoch nicht nur in den verwendeten Materialien, sondern in dessen Struktur und in der Bandbreite an Möglichkeiten in puncto Design: Grundsätzlich ist ein solches Haus typisch skandinavisch gehalten – also minimalistisch und holzbetont. Besitzer können sich hier vollkommen nach ihren persönlichen Vorlieben austoben.

Andererseits lässt die röhrenartige Bauweise jederzeit eine Erweiterung zu. Werden Bad, Küche, Kinderzimmer oder weitere Räume gewünscht, wird die Röhre also einfach um die gewünschten Module verlängert. Damit sind wir auch schon bei einer Einschränkung: Komplexe Raumstrukturen lassen sich nicht umsetzen. Die Segmente werden einfach nach Bedarf aneinandergereiht.

Wikkelhouse – aktuelle Standorte

Vogel

Dieses Konzept erfreut sich durchaus großer Beliebtheit. Bereits mehr als hundert dieser Häuser aus Wellpappe wurden weltweit installiert. In erster Linie handelt es sich um Urlauberdomizile, wie beispielsweise im niederländischen Ferienpark „De Klepperstee“ in dem zehn der 25 m2 großen Häuser sowohl in Strandnähe als auch in anderen Ecken des Parks stationiert sind.  

Sogar im Stadtzentrum von Amsterdam wurden Papphäuser aufgestellt, aber auch in Frankreich und in Deutschland, nämlich direkt am Strand auf Helgoland. Allerdings wird für das Aufstellen eine Tiny House in Deutschland eine Baugenehmigung benötigt. Je nach konkretem Plan könnte diese auch abgelehnt werden, weshalb es bezüglich der möglichen Standorte sicherlich Grenzen gibt.

Vorteile für Verbraucher – Aspekte der Nachhaltigkeit

Die Vorteile, die ein Wikkelhouse mit sich bringt, sind ausgesprochen vielfältig, zumal immer mehr Verbraucher großen Wert auf Nachhaltigkeit legen:

    • Baumaterial wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und ist biologisch abbaubar
    • Stabilität und Witterungsschutz ist für Jahrzehnte gewährleistet
    • Wohnflächen und Raumnutzung sind individuell zu gestalten
    • Spielraum für Gestaltung ist enorm
    • Papphäuser sind leicht, bedürfen keiner tiefen Gründung und lassen sich quasi überall aufstellen
    • Haus wächst mit – es lässt sich bei Bedarf beliebig erweitern
    • Trend zu kleinerer Wohnfläche kann ohne Verlust an Komfort ausgelebt werden
    • Der Preis ist deutlich niedriger als bei anderen Fertighäusern

Dementgegen stehen einige wenige Nachteile. So muss die Kunststofffolie in den Wänden, die für die Wasserdichte sorgt, nach 15 Jahren ausgetauscht werden. Darüber hinaus wird das Wikkelhouse bisher nur in einem kleinen Rahmen produziert, weshalb es einige Zeit lang dauern kann, bis sich der Wunsch, in einem solchen Tiny House zu leben, erfüllt.

Affe

Der Traum von den eigenen vier Wänden wird mit einem Wikkelhouse für eine deutlich größere Bevölkerungsgruppe realistisch – sofern ein passendes Grundstück mit der entsprechenden Infrastruktur verfügbar ist. Angesichts des teilweisen sehr knappen Wohnraums eröffnen sich hier spannende Möglichkeiten zur Problemlösung.

Andererseits können Individualisten optimal bedient werden, die nicht für die Ewigkeit bauen und sich festlegen wollen. Und natürlich ist die Öko-Bilanz der Papphäuser im Vergleich zu anderen Bauwerken beeindruckend – was an sich schon für viele Menschen ein wichtiges Argument sein dürfte.

Fazit: Häuser aus Wellpappe – ein spannender Materialmix

Die Idee, ein stabiles und wetterfestes Bauwerk aus einem Material wie Pappe zu errichten, erscheint zunächst unmöglich. Und doch beweist das Wikkelhouse eindrücklich das Gegenteil: Die hier zum Einsatz kommende Kombination aus Holz, Wellpappe und Membran ergibt in dieser Konstruktion genau die Eigenschaften, die von einem Bauwerk erwartet werden – und einige mehr.  

Insbesondere das geringe Gewicht der standardisierten Bauteile, die sich nach individuellem Bedarf aneinanderreihen und ohne großes Fundament aufstellen lassen, ist beeindruckend. In Bezug auf die Innengestaltung sind den Eigentümern keine Grenzen gesetzt, grundsätzlich haben die Häuser jedoch einen skandinavischen Charakter. Und: Sie sind an sich komplett biologisch abbaubar.

Damit eignet sich das in den Niederlanden vorgefertigte Wikkelhouse vor allem für Individualisten, die sich an einem schönen Fleckchen im Einklang mit der Natur niederlassen wollen. Dadurch eröffnen sich außerdem interessante Möglichkeiten:

Der vergleichsweise niedrige Preis erlaubt es beispielsweise auch, dass vorhandene und bereits bebaute Grundstücke unkompliziert mit einem weiteren Gebäude bestückt werden, wenn die erwachsenen Kinder ihre eigenen vier Wände nutzen wollen.

Bislang werden die Häuser als kleinere Einheiten bevorzugt als Ferienunterkünfte genutzt, das Potenzial ist jedoch deutlich größer.


FAQ

  1. Kann Wellpappe tatsächlich so stabil sein, dass sich ein Haus daraus bauen lässt?
    Ja, der Beweis wird mit dem Wikkelhouse angetreten: 24 Lagen Wellpappe werden dazu mit einem natürlichen Kleber verbunden, innen und außen mit Holz verkleidet und abschließend so versiegelt, dass die Feuchtigkeit effektiv abgewiesen wird.
  1. Wie lange dauert die Herstellung eines solchen Hauses?
    Die Module für ein Wikkelhouse werden in den Niederlanden vorgefertigt, dafür sind rund zehn Monate zu veranschlagen. Der Aufbau lässt sich an einem Tag erledigen. Dazu kommen der Transport und die notwendigen Installationen.
  1. Welche Lebensdauer hat ein Wikkelhouse?
    Die Hersteller setzen die Lebensdauer mit rund 100 Jahren an, sofern die wasserabweisende, aber atmungsaktive Membran alle 30 Jahre erneuert wird.

 Teaserbild: adobe.stock.com © Jakub Krechowicz #256818489

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