Es gibt zahlreiche Gründe, warum du Waren und andere sorgsam verpackte Dinge auf dem Weg der Nutzung eines Transportdienstleisters versenden musst. Im Onlinehandel gehört es schlicht zentral zum Geschäftsmodell dazu, jedoch gibt es auch in vielen anderen unternehmerischen Bereichen eine solche Notwendigkeit.

Bloß gilt hier wie anderswo: Umsonst gibt es nichts, wenigstens nicht für eine der beteiligten Parteien. Hierbei kommen also Versandkosten ins Spiel. Wir zeigen dir jetzt diesbezüglich nicht nur, was eine Lieferung frei Haus wirklich bedeutet, sondern wie sie sich auf Versender und Empfänger auswirkt und was du als Händler dabei beachten solltest und justieren kannst.

Lieferung frei Haus: Was bedeutet der Begriff in landläufiger Hinsicht?

verpackte Ware
Wenn die Ware mit "Lieferung frei Haus" ausgewiesen ist,
übernimmt der Versender die Transportkosten und Versandgebühren

Bevor wir in die Erklärung einsteigen, zunächst ein wichtiger Hinweis: Zwischen dem, was die meisten Menschen unter einer Lieferung frei Haus verstehen und dem, was das deutsche Rechtssystem darunter versteht, gibt es eine gewisse Diskrepanz. Beginnen wir mit ersterem: Das, was deine Kunden mit diesem Begriff in Verbindung bringen – egal ob B2C oder B2B.

Ganz nüchtern betrachtet handelt es sich dabei zunächst um eine Klausel zwischen Händler und Kunde, bei der sich hinter jedem der drei Wörter eine wichtige Tatsache verbirgt:

    • Lieferung: Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass das von ihm erworbene Produkt durch den Händler auf irgendeinem Versandweg zu ihm gebracht wird. Wie dieser Versandweg genau aussieht, unterliegt jedoch weiteren Absprachen bzw. Klauseln. Typischerweise implizieren die meisten Menschen dabei zudem ein in-die-Wege-leiten des Transports durch den Versender ohne ihr Zutun. Das gilt selbst, wenn die Empfänger die genaue Art des Versands wählen dürfen (etwa, wenn sie die Auswahl zwischen unterschiedlichen Paketdienstleistern haben).
    • frei: Bedeutet in diesem Kontext die Übernahme der für die Lieferung anfallenden Versand- respektive Transportkosten durch den Versendenden, in diesem Fall ist das also der Händler. Im Klartext: Der Kunde muss keinerlei zusätzliche lieferungsbezogene Gebühren zahlen. Sein Preis beträgt nur das, was er für das Produkt selbst und etwaige andere Dienstleistungen (etwa eine verlängerte Garantie) zu begleichen hat. Alles, was zum Versand gehört, geht zulasten des Händlers.
    • Haus: Ist ein wenig schwammig formuliert, bedeutet jedoch im Verständnis der meisten Menschen eine Lieferung an eine angegebene (Gebäude-)Adresse. Ob Wohnung, Haus oder Arbeitsplatz, spielt dabei keine Rolle. Memoriere dir die Definition deshalb am besten folgendermaßen: „Haus“ steht in diesem Kontext stets für eine Lieferadresse, an der sich der Empfänger sowieso befindet. Er muss also keine zusätzlichen Wege in Kauf nehmen, um die Lieferung in Empfang zu nehmen.

Zusammengefasst heißt das: Wenn du mit einer Lieferung frei Haus wirbst (egal in welchem Kontext und ob für alle Kunden oder nur bestimmte Empfänger) dann erwarten die allermeisten Menschen die Übernahme einer Lieferung an eine von ihnen angegebene Wunschadresse, wobei du sämtliche Kosten für den Transport übernimmst.

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Nach einem ähnlichen Prinzip definieren die meisten Menschen eine „Abholung frei Haus“. Bloß sind sie in diesem Fall im Besitz eines zu versendenden Gegenstandes, den du auf deine Rechnung auf irgendeine Weise abholen lässt – das kann, muss aber kein Transportdienstleister sein.


Begriffserklärung aus rechtlicher Sicht

Was deine Kunden erwarten, wurde damit geklärt. Doch wie verhält sich die Lieferung frei Haus in rechtlicher Hinsicht? Hier wird es ein wenig komplexer.

Es gibt kein Gesetz in Deutschland, das diesen Passus wortwörtlich kennt. Da die Lieferung frei Haus jedoch eine so häufig benutzte und breit bekannte Klausel ist, fällt sie unter den § 346 des Handelsgesetzbuchs – „Unter Kaufleuten ist in Ansehung der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.“. Bedeutet, wir haben es mit einem sogenannten Handelsbrauch zu tun, eine Art Gewohnheitsrecht.

Da es sich bei der Lieferung frei Haus um einen Handelsbrauch handelt, ergehen daraus einige unstrittige Tatsachen:

    • Der Versendende trägt alle Transportkosten bis zu der vertraglich vereinbarten Adresse.
    • Lieferung frei Haus allein bedeutet noch keine Einigung über das Übernehmen von Transportgefahren durch den Versendenden (vergleiche dazu BGH-Urteil VIII ZR 108/12). Heißt, nur durch das Werben mit einer Lieferung frei Haus übernimmst du nicht automatisch ein Haftungsrisiko für Schäden am Versandgut beim Transport.
      Waage
    • Die gerichtliche Zuständigkeit bei Streitigkeiten liegt im Bereich der für die Lieferung angegebenen Adresse, konkret dem Wohnort des Empfängers der Lieferung.

Handelsbräuche gelten primär nur zwischen zwei gewerblichen Vertragspartnern. Allerdings können Privatpersonen ebenfalls davon Gebrauch machen, wenn ihnen derartige Gebräuche bekannt sind. Da die Lieferung frei Haus definitiv ein sehr breit bekannter Handelsbrauch ist, findet die Regelung deshalb sowohl im B2B als auch im B2C-Handel Anwendung.

    • Seit einem Urteil des OLG-Hamm (4 U 32/10) dürfen Versender nur unter konkreten Bedingungen mit einer Lieferung frei Haus werben. Für dich ist dabei besonders das Thema Zusatzgebühren von Belang. Weder darfst du bei einer solchen Lieferung Verpackungskosten in Rechnung stellen noch darfst du damit werben, wenn es bei dir einen Aufpreis beim Unterschreiten einer Mindestbestellgebühr gibt.
      Ebenfalls unzulässig sind Zusatzkosten (und somit Werbung mit einer Lieferung frei Haus), wenn die Lieferung beispielsweise ein bestimmtes Gewicht überschreitet oder zu einem besonderen (vom Empfänger gewünschten) Termin angeliefert werden soll.
      Im Klartext: Der Kunde darf nur das zahlen müssen, was er durch freiwillige Handlungen in Sachen Produktkosten zusammenträgt.
    • Der Punkt „Haus“ wird üblicherweise als „Lieferung bis direkt ans Gebäude“ verstanden, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Daraus ergeht jedoch keine Pflicht für den Versender, für eine Lieferung bis an den tatsächlichen Verwendungsort zu sorgen. Relevant beispielsweise in Mehrparteiengebäuden oder bei Privatlieferungen an eine Firmenadresse.

Zusammengefasst heißt das: Wenn du mit einer Lieferung frei Haus wirbst, dann bist Du, bis auf das Risiko etwaiger Transportschäden, buchstäblich rechtlich dazu verpflichtet, alle für den Versand anfallenden Gebühren zu übernehmen. Zudem darf es keine Klauseln geben, die deinem Kunden irgendwelche Zusatzkosten auferlegen, ganz gleich ob für die Verpackung oder bestimmte Liefertermine. Lieferung frei Haus ist also genau das: Eine Lieferung zu den Konditionen des Empfängers gänzlich auf deine Rechnung.

Wie wirkt sie sich auf Versender und Empfänger aus?

Niemand zahlt gerne mehr, als er eigentlich muss. Umgekehrt nimmt jedoch kaum ein Geschäftsmann gerne weniger ein, als möglich wäre. Unter diesen Vorzeichen hat die Lieferung frei Haus gleich mehrere Auswirkungen auf unterschiedlichen Ebenen:

  1. Der Kunde zahlt nur den reinen Produktpreis. Gerade im Bereich Versandhandel ist das ein sehr schlagkräftiges, werbewirksames Argument, das ein Unternehmen von seiner Konkurrenz (on- und offline) abhebt. Lieferung frei Haus ist deshalb ein gutes Mittel für Marketing und Kundenbindung.
  2. Deine Betriebskosten werden erhöht, dein Gewinn wird geschmälert. Denn schließlich gehen die Versandkosten von dem ab, was du an Einnahmen erzielst. Das erschwert deine Kalkulationen und mindert die Rentabilität.
  3. Die Lieferung nur bis ans Haus kann für deine Kunden negativ sein. Dann, wenn es sich um besonders schwere und/oder sperrige Lieferungen handelt. Du musst daher überlegen, ob nicht eine andere Formulierung besser wäre, etwa „Lieferung frei Verwendungsstelle“. Sei jedoch damit vorsichtig, denn je nach Transportgut können sich dadurch deine Kosten nochmals steigern.
  4. Lieferung frei Haus kann in manchen Warenkategorien Menschen dazu verleiten, Produkte nur testweise zu bestellen. Besonders stark ausgeprägt ist das naturgemäß dort, wo der Versender ebenfalls die Rücksendekosten übernimmt.

In der Praxis sind Lieferungen frei Haus deshalb vor allem für die Händler ein zweischneidiges Schwert. Die Attraktivitätssteigerung kann sich sehr positiv auf die Umsätze auswirken und hilft nebenbei, die Absprungraten zu reduzieren. Dem gegenüber stehen jedoch je nach Art der Sendungen stark erhöhte Kosten, die der Händler gänzlich allein zu tragen hat.

Um möglichst viel Positives aus diesem Prinzip mitzunehmen und die Nachteile zu negieren, solltest du deshalb überlegt vorgehen.

Lieferung frei Haus: Was können Versender hierbei optimieren?

Ware verpacken
Eine effiziente Planung sowie Umsetzung deiner Versandprozesse sind unerlässlich.

Damit wären wir beim finalen Kapitel angelangt. Du möchtest mehr Kunden begeistern und deine Einnahmen erhöhen. Gleichsam möchtest du jedoch nicht deine Gewinne unbotmäßig schmälern. Basierend auf diesen beiden Wünschen hast du es in der Hand, das Thema Lieferung frei Haus zu deinem Vorteil zu justieren:

    • Sei hochflexibel, was die Transportdienstleister anbelangt, Insbesondere dann, wenn du stark unterschiedliche Sendungen in Sachen Größe und Gewicht offerierst, solltest du im Zweifelsfall auf mehrere Partnerfirmen setzen und je nach Lieferung diejenige beauftragen, bei der dieses Paketformat bzw. -gewicht am günstigsten befördert wird.
    • Scheue dich nicht, die Lieferung frei Haus erst ab einem bestimmten Warenwert zu offerieren. Erstens ist das eine gute Möglichkeit, deine Kosten zu justieren. Zweitens ist es für viele Kunden ein psychologischer Anreiz, mehr Geld bei dir auszugeben.
    • Prüfe anhand deiner Produktstruktur stets, ob es wirklich die Lieferung frei Haus sein soll oder beispielsweise eine „Lieferung frei Bordsteinkante“ oder „Lieferung frei Verwendungsstelle“. Deine Kosten spielen hierbei ebenso eine Rolle wie die Vor- und Nachteile der jeweiligen Herangehensweise für deine Kunden.
    • Optimiere deine Versandverpackungen. Gerade bei Transportdienstleistern, bei denen die Abmessungen eine bedeutende Rolle der Kalkulation spielen. Die Versandverpackungen sollten so klein wie möglich sein, ohne jedoch zu geringen Schutz zu gewährleisten – etwa, weil kein Raum für Polstermaterialien mehr verbleibt.
    • Überlege stets, ob du weitere Methoden anbieten möchtest, damit die Produkte zu deinen Kunden kommen. Beispielsweise eine (natürlich ebenfalls kostenlose) Abholung bei dir, Versand an Packstationen und Ähnliches. Je mehr Optionen du zur Verfügung stellst, desto besser. Alternativ könntest du eine generelle Lieferung frei Haus ausschließen und durch einen kostenlosen Versand an Packstationen ersetzen. Der Versand selbst kostet zwar i.d.R. das gleiche, jedoch gibt es mitunter je nach Kundenstruktur nicht so viele Menschen, die diese Möglichkeit wählen – du musst dementsprechend seltener die Versandkosten übernehmen.
    • Nutze stets die Möglichkeit für Vorfrankierung und ähnliche Wege. Bei den allermeisten Versanddienstleistern wird das ganze Prozedere dadurch günstiger. Gerade wenn du ein hohes Verkaufsvolumen hast, können sich diese Unterschiede sehr deutlich bemerkbar machen.

Fazit: Lieferung frei Haus ist eine bekannte, aber nicht immer optimale Methode

Vogel

Dein Kunde zahlt die Ware, du hingegen Verpackung und Versand. Das mag aus streng marktwirtschaftlicher Sicht immer nach einer Win-Lose-Situation aussehen. Allerdings solltest du hierbei nie vergessen, wie die Außenwirkung einer Lieferung frei Haus sein kann – nämlich für die meisten Menschen positiv.

Doch egal, wie groß die Werbewirkung sein kann, nutze dieses Instrument niemals unbedacht, sondern nur nach sorgfältigem Durchrechnen und Überprüfen. Nicht nur, weil damit rechtliche Konsequenzen einhergehen, sondern ebenso, weil die Lieferung frei Haus für dich wenigstens ein Nullsummenspiel sein sollte, kein Verlustgeschäft.

FAQ

  1. Kann ich Lieferung frei Haus anbieten und die Kosten einfach auf den Produktpreis umlegen?
    Rechtlich ja. Allerdings funktioniert das nur dann, wenn du auf die Produkte ein Monopol hast. Sobald du nur ein Zwischenhändler bist, können Kunden im Netz den Produktpreis bei mehreren Anbietern vergleichen. Liegt dein Preis dramatisch höher, vergraulst du deine Kunden eher.

  2. Sind kostenlose Rücksendungen für Händler eine bessere Alternative als Lieferung frei Haus?
    Es kommt auf deine Produktstruktur an. Wahr ist, dass du bei einer Lieferung frei Haus für wirklich jeden Versand aufkommen musst und bei Rücksendungen nur für einen Teil davon (weil schließlich nicht jeder davon Gebrauch macht). Kostenlose Retouren allerdings können erwiesenermaßen die Neigungen deiner Kunden erhöhen, nur testweise zu kaufen, also häufiger zurückzusenden. Insbesondere, weil dir Retouren mehr Kosten auferlegen als den reinen Versandpreis (etwa, weil du die zurückgesendeten Waren überprüfen, gegebenenfalls neu verpacken musst), lässt sich ein kostenloser Rückversand keinesfalls pauschal als bessere Methode bezeichnen.

  3. Genügt die Klausel „Lieferung frei Haus“ oder muss ich noch weitere Informationen bereitstellen?
    Es empfiehlt sich dringend, beispielsweise auf einer Unterseite, auf die allgemeinen Bedingungen dieser Nutzungen hinzuweisen, um sämtliche Missverständnisse (insbesondere bei B2C-Kunden) von vornherein auszuschließen.

 

palamo

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